© Morton Extrusionstechnik GmbH
Laufzeit
01.10.2024 – 30.09.2027
Förderkennzeichen
FKZ 033R415
Fördervolumen des Verbundes
1.421.874,00 €
Kontakt
Dr. Ulrich Berghaus
THINK TANK TECHNOLOGIES engineering & innovations
Biggeseestr. 2
53844 Troisdorf
02241 1651968
berghausu@ttt-berghaus.de
Weitere Projektbeteiligte
THINK TANK TECHNOLOGIES engineering & innovations (TTT)
TFI Aachen e.V.
Institut für Textiltechnik (ITA) der RWTH Aachen University
Hoffmann & Voss GmbH
Lömi GmbH
Labor Lehmacher | Schneider GmbH & Co. KG (LLS)
IANUS Simulation GmbH
LECO-Werke Lechtreck GmbH & Co. KG
ZirKuS
Zirkuläres, digitalisiertes Kunstrasen-System mit integraler Bewirtschaftung des anthropogenen Materiallagers aus multimateriellem Kunstrasen
Das Projekt ZirKuS strebt die Vereinigung der Themen Sport und Nachhaltigkeit an, indem es ein zirkuläres, digitalisiertes Kunstrasen-System mit integrierter Bewirtschaftung entwickelt. Dabei soll der Lebenszyklus des Kunstrasens verlängert, Ressourcen recycelt und dem Kreislauf wieder zugeführt, sowie der gesamte Produktlebenszyklus digitalisiert werden. Ziel ist es, die dauerhafte Spielqualität des Kunstrasens zu gewährleisten und gleichzeitig einen effizienten Wertschöpfungskreislauf zu schaffen, um Treibhausgasemissionen im gesamten Lebenszyklus von Kunstrasen-Systemen zu reduzieren.
Kunstrasen wird auf Sportplätzen zum Beispiel für Fußball oder Hockey eingesetzt und hat eine Nutzungsdauer von 12 bis 15 Jahren. In den nächsten 10 Jahren müssen mindestens 230 Millionen m² Kunstrasen in Europa ersetzt werden, was ohne ein tragfähiges Recyclingkonzept zu großen Abfallmengen, Emissionen und einem erheblichen Ressourcenaufwand für die Neuproduktion von Kunstrasen führen wird. Verbundwerkstoffe, wie beim Kunstrasen-System, sind schwer recycelbar und erfordern Aufbereitung, Trennung und Sortierung für eine erneute Nutzung der verschiedenen Polymere. Derzeit beträgt der wiederverwertbare Anteil der Kunstrasenpolymere ungefähr 1-2 kg/m2, also insgesamt bis zu 460 Millionen kg kreislauffähiger Polymere. Es gibt in Deutschland und den europäischen Nachbarländern spezielle Recyclinganlagen für Kunststoffrasenplätze, die fast alle Bestandteile eines Kunststoffrasen-Systems recyceln können, um u. a. Bauteile aus den gewonnenen Rohstoffen zu produzieren (Downcycling). Dies trägt allerdings nicht zur Verlängerung der Nutzungsdauer der Ressource als Kunstrasen bei. Zudem wird das Recycling aus wirtschaftlichen Gründen oft gar nicht umgesetzt und der alte Kunstrasen wird deponiert oder verbrannt.
Neue Verwertungsstrategie für Kunstrasen als ein schwer recycelbares textiles Mehrstoff-System
Das Ziel von ZirKuS ist es, die Nutzungsdauer des Kunstrasens auf ein Maximum zu erhöhen und gleichzeitig die Recyclingfähigkeit der wertvollen Polymere des Kunstrasens zu gewährleisten. Dank digitaler Überwachung soll der Ressourceneinsatz effizienter gestaltet werden. Dies schließt das hochwertige Recycling der einzelnen Komponenten des Kunstrasen-Systems sowie die Reintegration dieser in neuwertige Systeme ein. Das Projekt will die bestehende Lücke für ein überzeugendes Recyclingkonzept für Kunstrasen-Systeme schließen und die Kreislaufwirtschaft in Deutschland fördern. So sollen bisher ungenutzte Kreislaufpotenziale der Kunstrasen-Systeme in einem holistischen Ansatz verwirklicht werden, um durch effiziente Nutzung der Rohstoffe zu einer Steigerung der Kreislauffähigkeit in Deutschland beizutragen. Die Kreislaufwirtschaft zielt darauf ab, Produkte am Ende ihrer Lebensdauer bestmöglich zu verwerten, um Primärmaterialien in der Produktion zu ersetzen.
In einem BMBF-finanzierten Vorgängerprojekt (BMBF 031B1213A BioTurf) wurde ein nahezu vollständig recycelbarer, biobasierter Kunstrasenplatz entwickelt, der auf eine Füllung mit Mikroplastikgranulat verzichtet und zu fast 100 % aus Bio-Polymeren besteht. Die Recyclingfähigkeit wurde durch den Ersatz des Latex/Polyurethan-Klebstoffs durch Thermobondierung des getufteten Textils erreicht. Das Recyclingpotenzial dieses Ansatzes wird jedoch erst ab etwa 2035 nutzbar sein, wenn erste damit ausgestattete Sportplätze erneuert werden. Daher besteht Bedarf an einer kostengünstigen Lösung für das Recycling von Kunstrasen in der Übergangszeit.
Monitoring und Leasing des Kunstrasenplatzes soll Lebensdauer und Recycling optimieren
In der gegenwärtigen Praxis werden neue Kunststoffrasen-Systeme vor der Installation unterschiedlichen gängigen Norm-Prüfungen im Labor (DIN EN 15330-1 und RAL GZ 944) unterzogen. Nach der Installation folgt in der Regel eine einmalige Prüfung des installierten Kunststoffrasen-Systems auf seine Funktionalität im Sinne der DIN EN 15330-1. Weitere Überwachungs- oder Kontrollprüfungen über die Lebensdauer finden in der Regel nicht statt.
Durch die Entwicklung eines umfassenden Monitoring-Prozesses im Projekt ZirKuS soll erstmals sichergestellt werden, dass das Kunststoffrasen-System effektiv verwaltet wird und seine sport- und schutzfunktionalen Eigenschaften über die gesamte Nutzungsdauer optimiert werden. Dies trägt nicht nur zur Sicherheit und Zufriedenheit der Nutzenden bei, sondern auch zur Verlängerung der Lebensdauer des Systems und zur Reduzierung von Umweltauswirkungen. Ziel des Monitoring-Prozesses ist zudem, den optimalen Zeitpunkt zum Recycling zu ermitteln, um die Verwertbarkeit der vorhandenen Rohstoffe in Abhängigkeit vom Verwertungsprozess zu optimieren. Das Monitoring findet an dem bereits installierten Demonstrations-Sportplatz des Vorgängerprojekts BioTurf am Hochschulsportzentrum der RWTH Aachen statt.
In diesem Zusammenhang entwickelt ZirKuS auch ein neues Geschäftsmodell, das vorsieht, dass das Kunststoff-Rasensystem vom Platzbetreibenden geleast wird. In der Verantwortlichkeit des Leasings sind das Monitoring, die Wartung und das Reparieren inkludiert. Das leasingbasierte Geschäftsmodell in Kombination mit einem digitalisierten Monitoring erhöht die Nutzungsdauer des Kunstrasens und die Wertigkeit der eingesetzten Materialien nach der Nutzung (Upcycling).
Material- und Simulationsmodelle für Recyclingkunststoffe
Nach Kaskadierung des Kunstrasen-Systems über die Zyklen der Wiederverwendung und -verwertung (repair, reuse, repurpose) wird im Rahmen von ZirKuS ein effizientes Recycling der bestehenden Kunstrasen-Systeme erarbeitet, welches den Einsatz der wertvollen Rohstoffe in neuen, bezüglich der Kreislauffähigkeit optimierten, Kunstrasen-Systemen ermöglicht. ZirKuS sieht vor, Abfallströme signifikant zu reduzieren und zukünftig durch kreislauffähiges Design zu vermeiden.
Es gibt noch keine brauchbaren Material- und Simulationsmodelle für Recyclingkunststoffe, da die Materialeigenschaften gewissen Schwankungen unterliegen. Aus diesem Grund werden Extrusionsanlagen für die Faserherstellung immer noch nach konventionellen experimentellen Methoden ausgelegt. Die Extrusion ist eine Verfahrenstechnik der Kunststoffverarbeitung, bei der thermoplastische Kunststoffe aufgeschmolzen und unter Druck durch eine formgebende Öffnung, das Extrusionswerkzeug, gepresst werden. Bei der Faserherstellung besteht das Extrusionswerkzeug aus einer Vielzahl dünner Fließkanäle, die den geschmolzenen Kunststoff zu langen Fasern formen. Bei der Werkzeugauslegung fertigt ein*e erfahrene*r Konstrukteur*in nach bestem Fach- und Erfahrungswissen einen Werkzeug-Prototyp und testet ihn an der realen Anlage. Anschließend wird das Werkzeug demontiert, überarbeitet und erneut getestet. In der Regel sind 10 bis 15 dieser zeit- und ressourcenintensiven Nachbearbeitungsschleifen notwendig, bis die Fasern alle gestellten Qualitätsanforderungen erfüllen. Bei diesen Überarbeitungen fallen mehrere Tonnen an Kunststoff an, die entsorgt werden müssen und damit aus dem Kreislauf herausfallen. Weiterhin sind die Ausschüsse entsprechend hoch, wenn der Rezyklat-Anteil starken Schwankungen unterliegt. Aus diesen Gründen besteht ein dringender Bedarf an neuen Materialmodellen und Simulationstechnologien, um den Auslegungsprozesses digitalisieren und optimieren zu können. Nur so können ressourcen- und kosteneffiziente Extrusionsprozesse realisiert werden, die zuverlässig Recyclingkunststoffe zu hochwertigen Fasern verarbeiten und robust gegenüber Materialschwankungen sind.
Für das Recycling von Textilien, Misch- und Kunstfasergeweben etc. ist es evident, dass sich das Dissolution Recycling eignet. Spezifische Prozess-Fragestellungen für das Fiber-2-Fiber Recycling sind allerdings noch völliges Neuland. So ist beispielsweise der Anforderungsgrad an die Reinheit eines Polymers zur Faserherstellung erheblich höher als dies für Folienverpackungen der Fall ist – kleinste Verunreinigungen und Feststoffe in der Rezyklatschmelze wirken sich massiv im Spinnprozess aus. Der Feinstfiltration der Polymer-Lösung ist daher besonderes Augenmerk zu widmen. Auch die physikalischen Eigenschaften der Rezyklate spielen bei der Wiederverwertung als Kunstrasen eine erhebliche Rolle – der Aufbereitungsprozess hat darauf einen wesentlichen Einfluss. Es gilt im Löseprozess Temperaturen, mechanische Belastungen (z. B. durch Scherkräfte) und Additivierung so zu wählen, dass im Idealfall ein Rezyklat gewonnen werden kann, das in seinen Eigenschaften sehr nahe an der Neuware ist.